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Spurensuche in Düsseldorf
Es ist gute Tradition im Veranstaltungsprogramm der Ratinger Jonges, einmal im Jahr auf Spurensuche in Düsseldorf unterwegs zu sein. Im vergangenen Jahr ging es die Alt- und in die Carlstadt auf der Suche nach „Randzeichen – Wandzeichen – Düsseldorf in Stein und Bronze“, diesmal erkundeten die Jonges Teile von Bilk.
Mit der U72 fuhren wir zur Haltestelle am Bilker Bahnhof direkt neben dem Einkaufszentrum Düsseldorf-Arkaden, da die vorbeiführende Bahnstrecke vom Hauptbahnhof nach Neuss die Grenze zwischen den Stadtteilen Bilk und Unterbilk bildet und wir dort von unserem Guide Dr. Uwe Kleinert empfangen wurden (Bild 1). Er ist Mitglied des Düsseldorfer Geschichtsvereins und - in Bilk wohnend - kennt sich bestens dort aus.
Zuerst klärte er uns auf, dass der Ort Bilk älter als das damalige Dörfchen an der Düssel wäre, aber bereits 1384 nach Düsseldorf eingemeindet wurde, zu dem ehemals auch die heutigen Stadtteile Oberbilk, Unterbilk sowie Friedrichstadt gehörten. Bilk sei heute der bevölkerungsreichste Stadtteil. Nach so viel Theorie folgte der Rundgang durch den Nordteil von Bilk folgte.
Nach der Unterquerung der Gleisstrecke fällt der erste Blick sogleich auf das alte Haus an der Ecke Merowinger Straße/Brunnenstraße mit einem sehenswerten Giebel und gleitet weiter auf eine bemalte Fassade (Bild 2-4) etwas dahinter auf der Merowinger Straße. Unser Weg dagegen führte über die Brunnenstraße, vorbei am ältesten noch existierenden Kino, dem Metropol (Bild 5), zum Karolingerplatz, von dem aus man zumindest die Schornsteine der einzigen noch in Düsseldorf existierenden Papierfabrik erkennen kann, da dieser Industriezweig neben der Metall- und Eisenverarbeitung in Bilk im 19. und bis Mitte des 20. Jahrhunderts für die meisten Arbeitsplätze sorgte. Hier beginnt auch die Karolingerstraße, die wegen der riesigen Platanen zu beiden Seiten der hier ruhig dahin fließenden südlichen Düssel als schönste Straße in Düsseldorf gilt, wozu auch die teils noch alten Fassaden sowie die historischen Backsteinbrücken mit dem uralten Düssel-Geländer mit den charakteristischen Kugel-Knäufen ihren Anteil dazu beitragen (Bild 6, 8-10, 13). Der Straße und der Düssel folgend passierten wir sogleich das ehemalige Gelände des früher bekanntesten Autohändlers der Stadt, Auto Becker, dessen weithin sichtbarer Schornstein damals darauf hinwies, dass davor hier ebenfalls mal eine Papierfabrik gestanden hatte und sich jetzt das Wohnviertel „Karolinger-Höfe“ (Bild 7) befindet. An der Ecke Karolingerstraße/Aachener Str. fällt einem sofort das riesige Gemälde auf der Fassade am Bilker Bunker (Bild 11) auf, in dem sich nach einem teuren Umbau jetzt u.a. auch Ausstellungsräume befinden, in der neben moderner Kunst auch die Geschichte des Bunkers gezeigt wird. Beim zweiten Blick auf das Gebäude sieht man dann auch noch die die fünf Kuben oben auf dem Dach, die jeweils Teile von Eigentumswohnungen sind.
Weiter der Karolingerstraße folgend, vorbei an den aus rotbraunen Backsteinen errichteten Genossenschaftsbauten aus den Zwanziger-Jahren (Bild 12), erreichten wir kurz darauf deren Ende und nur ein kurzes Stück weiter auf der Bachstraße mit der Kirche Alt St. Martin (Bild 14) das älteste Baudenkmal Düsseldorfs. Der Ursprung der auch „Alte Bilker Kirche“ genannten Kirche soll hier bereits vom Hl. Suitbertus (den wir Ratinger ja auch bestens kennen) um 700 n. Chr. zur Karolingerzeit (aha, darum auch die Karolingerstraße) errichtet worden sein, wobei aber das jetzt hier sichtbare dreischiffige Gebäude natürlich aus viel späteren Zeiten stammt und mehrfach ergänzt und umgebaut wurde. Interessant aber auch das Eingangsportal, welches vom Düsseldorfer Künstler Bert Gerresheim gestaltet wurde (Bild 15) und die Taten des Kirchenpatrons Martin von Tours darstellt, dessen Reliquienschrein die Ratinger Jonges vor drei Jahren ja selbst bei der Fahrt zu den Schlössern der Loire betrachten konnten. Gleich neben der Kirche fällt der Blick auf ein komisches Ding, was hoch auf einer Säule steht (Bild 16) und aussieht, als wenn es auf die Kirchturmspitze von Alt St. Martin zielt. Erst beim genauen Hinsehen und Dank des nun folgenden Vortrags von unserem Guide erfahren wir, dass Mitte des 19. Jahrhunderts hier in der Nähe eine Sternwarte errichtet wurde, von der aus sogar 24 Planetoiden und Asteroiden entdeckt wurden, die man dann auch die 24 Düsseldorfer Planeten nannte. Während eines Bombenangriffs wurde die Sternwarte jedoch zerstört, weshalb der ausgeglühte Körper des Fernrohres hier heute als Erinnerung steht.
Mit der Kirche Alt St. Martin hatten wir eigentlich auch das Ende unserer Spurensuche in Bilk, zumindest im nördlichen Teil von Bilk erreicht, da wir auf dem Weg dorthin alles historisch Wichtige und Sehenswerte abgelaufen waren. Aber wir mussten ja noch zur Haltestelle der U 72 zurückkehren und auch von dem anstrengenden Spaziergang erholen, weshalb wir dann der Martinstraße folgend, kurz darauf erneut die bereits erwähnte Bahnstrecke unterquerten und uns wieder im benachbarten Stadtteil Unterbilk befanden. Wir hatten ja bereits erfahren, dass Unterbilk ehemals ein Teil von Bilk war, beziehungsweise, dass der Name Unterbilk damals noch gar nicht existierte. Erst nach dem Bau des Bilker Bahnhofes 1891 hatte man auf einer Karte den Name „Unterbilk“ entdeckt, den ein städtischer Beamter darauf notiert und damit einen neuen Stadtteil geschaffen hatte.
Hier wurden wir sogleich von der Kirche St. Martin, auch „Bilker Dom“ genannt, begrüßt, folgten ein Stück der Lorettostraße (Bild 17), die auf Grund ihrer hippen Geschäfte und Restaurants als neues Aushängeschild Düsseldorf gilt, wobei sie noch vor ein paar Jahren wegen der vielen leerstehenden Läden einen schlechten Ruf hatte und als Schandecke der Stadt galt. So ändern sich die Zeiten. Aber auch die Nachbarstraßen lohnen, mal einen kurzen Moment stehenzubleiben und sich genauer umzuschauen (Bild 18).
Weiter ging es durch den Floragarten (Bild 19), der zurzeit noch einzigen Parkanlage in Unterbilk, dessen Gründung auf eine Privatinitiative zurückging. Das notwendige Kapital dafür hatte man sich durch die Gründung einer Aktiengesellschaft und der Ausgabe von Aktien beschafft, weshalb man auch Eintritt für die Pflege des Parks bezahlen musste, bis dieser später ins Eigentum der Stadt überging. Gleich neben dem Park befindet sich die „Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste“ und auch das riesige Gebäude des Einkaufszentrum Düsseldorf(Bilker)-Arkarden, womit wir auch das Ende unserer „Spurensuche in Bilk“ erreicht hatten, aber eben noch nicht das Ende unseres Ausflugs nach Bilk. Denn nun begann der gemütliche Teil im Biergarten des Restaurants Tigges (Bild 20) mit seiner leckeren mediterrane Küche und ebenfalls leckeren Bieren, von dem man nun endlich einen guten Blick auf das bereits am Anfang kurz gesehene, aber wirklich sehenswerte Graffiti/Fassadengemälde hat (Bild 21).
Nachgeschaut im Internet ergab sich schließlich unter www. 40grad-urbanart.de dazu folgende Info:
2007 Düsseldorf, Merowingerstr. 4,
„Wirtschaftswunder“. Die Wirtschaft boomt und wir wundern uns über zunehmende Armut im Viertel
Das Bild: Im Kontrast zu den extraordinären Gewinnen der Wirtschaft wird die zunehmende Armut in Düsseldorf und noch gravierender in vielen anderen Ländern, durch eine endlos wachsende Pyramide und auf Holz gemalte lokale und internationale Figuren und Menschen gezeigt. Kinder, Jugendliche und Rentner tauchen in dem Bild auf und erzählen unterschiedliche Geschichten. Die beiden Figuren, die frohgemut mit dem Spaten in den 1 Euro Job marschieren, Kinder, die direkt von der Schule ins Arbeitsamt wandern, der Dieb, der noch die Armen beklaut – oder ist es doch nur ein Politiker oder Spekulant?, Oma B., die sich von ihrem letzten Geld einen Metalldetektor gekauft hat, um ihre Rente durch die Suche nach dem Wunder von Bilk aufzubessern.
Ob sich in der Figur „Politiker“ unserer ehemaliger NRW-Finanzminister Norbert Walter Borjans (und ehemaliger SPD-Parteivorsitzender) wiederfindet, der zufällig genau da drunter mit im Biergarten saß, wissen wir nicht und ist auch kaum nachzuvollziehen, denn er hatte damals in seinem Amt mit dem Ankauf von Steuer-CDs seinen Kampf gegen Steuerhinterziehung und für Steuergerechtigkeit geführt.
Ebenfalls im Internet musste auch noch geklärt werden, ob wir vorhin wirklich am südlichen Arm der Düssel entlanggelaufen waren, da sich dieser Fluss bei Düsseldorf-Gerresheim in ein Binnendelta mit vier Armen aufteilt, als da wären:
o Die Nördliche Düssel, von der sich im Verlauf der Heinrichstraße der Kittelbach in Richtung Norden abzweigt und bei Kaiserswerth in den Rhein mündet.
o Die Südliche Düssel, teilt sich im Bereich des Werstener Kreuzes auf, wobei der Brückerbach der Hauptmündungsarm ist und die Südliche Düssel als Nebenfluss nach der Durchquerung des Binnenhafens am Rathausufer in den Rhein mündet, nicht weit von der Mündung der Nördlichen Düssel am Burgplatz
Um 19 Uhr hatte schließlich auch der erholsame und gemütliche Teil ein Ende und es ging mit der Straßenbahn wieder zurück nach Ratingen.
(Norbert Halverkamps)
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