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Führung durch die Kölner Altstadt und den Dom am 8.10.2020
Das Corona-Virus beeinträchtigt nach wie vor die Veranstaltungsaktivitäten der Ratinger Jonges. So gab es für die Fahrt nach Köln wieder viele Absagen, aber erfreulicherweise doch auch noch einige Nachrücker. Bei unserer Ankunft vor dem Dom wurden wir von unseren Stadt- und Domführer*innen begrüßt. Da pandemiebedingt zurzeit für die Domführung nur Gruppen mit zwölf Teilnehmern erlaubt sind, mussten wir uns auf drei Gruppen aufteilen: Zwei besuchten als erstes den Dom, die dritte Gruppe startete mit dem Rundgang durch die Kölner Altstadt.
Der Dom
Ausgestattet mit Kopfhörern wurden wir im Dom über seine Geschichte aufgeklärt, die den meisten zumindest in groben Zügen bekannt sein dürfte: Dass die gesamte Bauzeit mehr als 600 Jahre gedauert hatte – also etwas länger als die des Berliner Flughafens. Und natürlich dürfte auch jeder wissen, dass irgendwann mal die irgendwo geklauten Gebeine der Heiligen Drei Könige hier gelandet waren, was dann wiederum der Grund für den Bau des Doms gewesen war.
Aber damit wir später zu Hause erzählen können, dass wir bei der Führung auch etwas gelernt haben, gab es noch einige weitere Informationen, die hier nur in Auszügen wiedergegeben werden:
313: Erste Erwähnung eines Kölner Bischofs
6. Jahrhundert: Merowingische Kirchenanlage mit Baptisterium
Um 800: An der Stelle dieser frühen Kirchenanlage entstand um 800 eine gewaltige karolingische Kirche, der sogenannte Alte Dom.
1164: Überführung der Gebeine der Heiligen Drei Könige
Der Alte Dom bestand noch, als Erzbischof Rainald von Dassel 1164 die Gebeine der Heiligen Drei Könige aus Mailand nach Köln überführen ließ. Er hatte sie von Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) als Dank für geleistete Dienste auf dessen Italienfeldzug erhalten. Zwei Jahre zuvor hatte der Kaiser unter Beteiligung des Erzbischofs die gegen den Kaiser rebellierende Stadt Mailand eingenommen und dabei die Gebeine der Heiligen an sich gebracht.
1248: Grundsteinlegung für den neuen Dom
1520: Einstellung der Bauarbeiten. Im Westen war der Chor über Jahrhunderte durch eine provisorische Wand von den im Mittelalter unvollendet gebliebenen Bereichen von Quer- und Langhaus getrennt.
1842: König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen legte den Grundstein zur Vollendung des Domes.
1880 Domvollendung
Über 600 Jahre hatte es also gedauert, ehe der Dom fertiggestellt war, wobei die Bauarbeiten, respektive die Ausbesserungsarbeiten am relativ weichen Sandstein bis heute und noch in langer Zukunft anhalten.
ab 1945 Wiederaufbau des Domes nach dem Zweiten Weltkrieg, der während der Bombenangriffe auf die Stadt und durch Beschuss schwer beschädigt worden war.
Die Führung durch den Dom verlief auf vorgegebenen Wegen. Vorbei an den modernen farbigen Verglasungen des Südquerhausfensters von Gerhard Richter erfolgte gleich darauf der erste Halt am Agilolphus-Schrein, wo die Unwissenden darauf hingewiesen werden, dass dies eben nicht der Schrein der Heiligen Drei Könige sei, obwohl beide eine kunstvolle Verkleidung aus vergoldeten Blech mit Figuren aufweisen.
Kurzinfo: Mönche der Abtei Malmedy machten 1061 den damaligen Kölner Erzbischof Anno darauf aufmerksam, dass sich die Reliquien eines hl. Bischofs „Ailulf“ in ihrer Klosterkirche befänden. Dieser sei Abt von Malmedy, später aber Erzbischof von Köln gewesen und habe an der Amel, nahe des gleichnamigen Ortes, das Martyrium erlitten. Durch ihren Bericht weckten sie bei Anno Begehrlichkeiten und ermutigten ihn, sich die Reliquien schenken zu lassen, was man dann auch mehr oder weniger bereitwillig tat. Am 9. Juli 1062 wurden die Gebeine des Hl. Agilolfus schließlich nach Köln übertragen.
Wegen verschiedener Absperrungen konnten wir über Umwege dann zumindest aus einigen Metern Entfernung einen Blick auf das größte, künstlerisch bedeutendste und inhaltlich anspruchsvollste Reliquiar des Doms werfen: den Dreikönigenschrein.
Kurzinfo: Für die 1164 aus Mailand nach Köln gebrachten Gebeine der Könige wurde ab ca. 1190 bis um 1220 der Schrein von der Werkstatt des Goldschmiedes Nikolaus von Verdun und nachfolgenden Kölner und maasländischen Werkstätten gefertigt. Heute erhebt er sich hinter dem mittelalterlichen Hochaltar und bildet so das Zentrum des gotischen Domes, der als steinernes Reliquiar für ihn errichtet worden war.
Ganz nah kamen wir aber dem Grabmal vom hl. Engelbert mit seiner Liegefigur, der uns Ratingern sofort sympathisch ist: So gemütlich, wie er da mit aufgestütztem Kopf auf dem Grab liegt. Und noch sympathischer wird er uns sogleich, als wir erfahren, dass er praktisch einer von uns war, denn auch die ehemaligen Ratinger waren ja (und sind es immer noch) Bewohner des Bergischen Lands. Nur dass diese meistens arme Bürger waren und er von Adel, da sein voller Name Engelbert von Berg lautete.
Kurzinfo: Geboren 1185 oder 1186, Schloss Burg, Solingen als Sohn des Grafen Engelbert I. von Berg. 1217 als Engelbert I. zum Erzbischof von Köln geweiht. Am 7. November 1225 von einer Gruppe Bewaffneter unter Führung seines Verwandten Graf Friedrich von Isenberg bei Gevelsberg überfallen und von dessen Ministerialen erschlagen.
Nach den 30 Minuten Domführung starteten wir zum zweistündigen Rundgang, um die Altstadt von Köln zu erkunden. (Wer mehr noch mehr über den Dom erfahren möchte, dem sei die folgende Internetseite empfohlen, vor der auch die obigen Informationen stammen. www.koelner-dom.de)
Die Altstadt
Vorbei am zum hässlichsten Gebäude der Stadt gewählten Parkhaus passierten wir mit der Parfümerie Farina das Geschäft von Johann Maria Farina, der bereits vor der eigentlich heute bekannteren Marke 4711 das „Aqua mirabilis“ (Duftwasser) erfunden hatte und sein Elixier zu Ehren Stadt „Eau de Cologne“ nannte.
Nach der „Umrundung“ des historischen Rathauses mit seinen in vielen Jahrhunderten errichteten stilverschiedenen Anbauten und Gebäudesegmenten erreichten wir den „Alter Markt“ – einen der geschichtsträchtigsten Plätze der Stadt. Im Mittelalter diente er auch als Turnierplatz, aber natürlich hauptsächlich als Markt und Handelsplatz. Ganz wichtig für die Kölner jedoch, dass hier am 11. November um 11:11 Uhr der Kölner Karneval beginnt. Aufmerksamen Teilnehmern war die skurrile Figur oben an einer Hauswand aufgefallen, die allen den nackten Hintern entgegenstreckt. Wir erfuhren, dass dies der „Kallendresser“ wäre (jemand, der seine Notdurft in die Regenrinne verrichtet), über dessen Entstehung es verschiedene Legenden gäbe. Aber hier am Alter Markt wird einem nicht nur der nackte Pöppes entgegengestreckt, sondern gleich gegenüber am alten Rathausturm streckt der Platzjabbek (Kölsch für „den Mund aufreißen“) aus dem unter der Turmuhr angebrachten Kopf mit Schlapphut den Passanten zur vollen Stunde die Zunge heraus, was an das Selbstbewusstsein des Bürgertums erinnern soll. Schade, dass wir dieses besondere Ereignis knapp verpasst hatten.
Auf der Tour am Rhein entlang erfuhren wir noch so einiges aus dem Kölner Leben, der über 2000-jährigen Geschichte, näherten uns der bekannten Hohenzollernbrücke mit den drei Bögen, die als Eisenbahnbrücke den Rhein überspannt, und erreichten so wieder den Dom. Zum Glück finden pandemiebedingt zurzeit keine Proben oder Aufführungen im Konzertsaal der Philharmonie statt, denn dieser liegt unterhalb eines üblicherweise frei begehbaren Platzes zwischen dem Museum Ludwig und der Treppenanlage zum Rheinufer. Da laute Schritte oder Rollgeräusche von Skateboards von oben in den Saal übertragen werden, darf der Platz zu dieser Zeit nicht begangen werden, sondern wird abgesperrt und bewacht. Die Jonges konnten aber unbesorgt darüber hinweglaufen und – wer wollte – auch darauf herumhöppe.
Am Dom trafen wir auf den Rest der Gruppe, die zum passen Moment mit ihrer Dombesichtigung fertig war. Dann machten wir uns auf den Weg zum nächsten Ziel, geführt von unserem Reisebaas Norbert, der zielsicher alle durch die engen Gassen und über den Heumarkt zur Brauerei zur Malzmühle führt, wo er Plätze reserviert hatte. Erschöpft vom Laufen und Staunen waren alle froh, endlich wieder sitzen können und dabei die Brauhausspezialität des Hauses, das hier gebraute Mühlen-Kölsch, zu genießen, dass sogar uns Altbiertrinkern schmeckte. Dazu gab‘s deftige Speisen oder den typischen Rheinischen Muscheltopf. Schließlich rief der Reisebaas zum Aufbruch, der noch eine Überraschung parat hatte.
Fort X
Wohl die wenigsten Nichtkölner dürften wissen, dass es neben den vorhandenen Teilen der alten Stadtmauer und Tore sowohl aus der Römischen Zeit wie aus dem Mittelalter auch noch weitere Verteidigungsanlagen um Köln herum gab, die teilweise immer noch vorhanden sind. Tatsächlich hatte man nach dem Ende der französischen Besatzungszeit 1814 und nach der Festlegung, dass die Rheinprovinzen anschließend zu Preußen gehören, auf Beschluss von König Friedrich Wilhelm III. begonnen, zur Verstärkung einen weiteren Verteidigungsring anzulegen, bestehend aus insgesamt elf Forts – bezeichnet mit Fort I - XI.
Und da zufällig das Fort X in der Richtung unserer Heimfahrt lag, im Agnesviertel fast neben der Zoobrücke, machten wir dort noch einen kurzen Abstecher hin, um auf einem kleinen Rundgang den Jonges noch ein weiteres Kölner Kleinod zu zeigen. Allen gefällt die Anlage, die aber leider nur von außen besichtigt werden kann, da die Räume an Kölner Vereine vermietet und für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Auf der Fahrt dorthin und beim Umlaufen der Festungsanlage mit Stippvisite im Rosengarten hatte der Reisebaas schon einige Infos zum Fort vorgetragen, sodass nun alle etwas mehr über die vorhandenen Verteidigungsanlage der Kölner Bescheid wissen.
Kurzinfo: 1819 wurde mit den Bauarbeiten am Fort X begonnen, das bereits 1825 in seiner ersten Version fertig gestellt wurde und den Namen „Prinz Wilhelm von Preußen“ erhielt, den es bis heute führt. Der heutige Bauzustand ist eine Mischung aus den letzten Modernisierungen der 1860er Jahren und der Zeit 1882-1891. Zwar hatte man bei der Planung und Modernisierung das Bauwerk für einen Artilleriebeschuss ausgelegt, aber gegen die schweren Bombardierungen im 2. Weltkrieg halfen auch die dicken Mauern nicht, denn dabei wurde auch das Fort durch zwei Volltreffer beschädigt. Wobei der Keller des Reduit (beschusssichere Verteidigungsanlage im Kern einer Festung) und die Defensionsgalerie (die Verbindungsgänge) als Luftschutzbehelfsbauten genutzt wurden. Nach Ende des Krieges wurde das Fort mit ausgebombten Familien belegt.
Anschließend ging es ohne weiteren Zwischenstopp direkt nach Hause.
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