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Ratinger Jonges veranstalteten einen Vortragsabend in St. Peter und Paul mit Hans Müskens
Vor 60 Jahren: Zerstörung von St. Peter und Paul – Beginnender Wiederaufbau
Zeichen der Zerstörung lagen im Mittelgang der Pfarrkirche St. Peter und Paul: Eine altes Kirchenfenster mit der Notverglasung aus der Nachkriegszeit, Orgelpfeifen von der zerstörten Orgel, ein Stück Holz aus dem heruntergestürzten Dachstuhl, eine Kerze als Zeichen dafür, dass die Kirche fast ausgebrannt wäre. Es waren „Stolpersteine", über die der Besucher hinwegsteigen musste. Außerdem war die Kirche durch Tücher in zwei Teile geteilt. Sie erinnerten an die Mauer, die damals den zerstörten vom unzerstörten Teil trennte. Schlagartig wurde die Erinnerung wach. Wer die Zeit damals noch nicht erlebt hatte, bekam so konkrete Hinweise von der Gewalt des Krieges.
Die Ratinger Jonges hatten zu einer Vortragsveranstaltung aus Anlass der Zerstörung und des Wiederaufbaus der Kirche vor 60 Jahren eingeladen. Der Kirchenhistoriker Hans Müskens hatte den Abend unter das Thema „Als der Himmel einstürzte" gestellt. Er hatte aus einer Chronik aus dem Jahre 1948 und anderen alten Unterlagen zahlreiche Informationen über die damaligen Geschehnisse zusammengetragen.
In einem ersten Teil konnte der Referent Dias vom Angriff auf Ratingen am
22. März 1945 vorstellen. Die Bilder zeigten die nähere Umgebung der Pfarrkirche, die Oberstraße, und dann die Kirche selbst mit dem zerstörten Kirchenschiff, den Säulenstümpfen, die gegen den Himmel ragten, die leeren Fenster, die zerstörte Orgelbühne; die armdicke Stromleitung von der Sakristei zum Glockenturm hing frei in der Luft. Die Bilder hinterließen bei den Besuchern einen starken Eindruck. Hans Müskens konnte darüber hinaus den 22. März anschaulich beschreiben und mit konkreten Angaben belegen. Außer der Zerstörung durch Sprengbomben, die das Dach und das Gewölbe zwischen dem Westturm und den beiden kleineren Osttürmen einstürzen ließen, wurden auch die übrigen Bereiche der Kirche stark beschädigt. Dem beherzten Eingreifen des damaligen Küsters Robert Samans sei es zu verdanken, dass die Kirche nicht ein Raub der Flammen wurde. Bis zum Umfallen habe er die brennenden Dachstühle der Seitenschiffe zu löschen versucht. Eine Reihe von Helfern aus der Gemeinde seien eingesprungen, als er nicht mehr konnte.
Auch vor und nach dem 22. März habe die Kirche häufig unter Beschuss und Bombenabwurf gelitten, so der Referent: „In der Nacht vom 8. auf den 9. März haben Schüsse von Artelleriegeschützen den kleinen Südturm getroffen. Auch in der nachfolgenden Nacht wurde er noch einmal so sehr beschädigt, dass er einzustürzen drohte." Das dazu gehörende Bild zeigte den Turm mit seiner aufgerissenen Kante. In der Nacht vom Ostersonntag auf den Ostermontag seien Granaten in die Kirchgasse gefallen, die wiederum große Schäden am Kirchenbau und den umliegenden Häusern verursachten. Jetzt sollen endgültig alle farbigen Fenster zu Bruch gegangen sein.
Trotz großer Schwierigkeiten, so Müskens, sei schon bald mit der Sicherung des Bauwerks und dem Wiederaufbau der Kirche begonnen worden. Zeichen dieser Zeit bis heute ist der sogenannte „Röhrendachstuhl", der 1946 statt eines hölzernen Dachstuhls aufgerichtet worden wäre. „Im Laufe der Jahre bis 1990 ist dann auch die Nachkriegsverglasung durch künstlerische gestaltete Fenster ersetzt worden," so der Referent. Zum Schluss hob er das „Stück Holz" aus dem zerstörten Dachstuhl hoch. Der Ratinger Künstler Johannes Tefert hatte aus einem zersplitterten und verkohlten Balken eine „Mutter mit Kind" geschnitzt. Sie ist sichtbares Zeichen für den Wiederaufbau und den Neubeginn.
Tief beeindruckt verließen die Zuhörer St. Peter und Paul. Der Baas der Jonges, Georg Hoberg, bedankte sich bei Hans Müskens für diese eindrucksvolle Demonstration.